Wednesday, December 13, 2006

Anti-fair trade mit gutem Gewissen

Im "Economist", Ausgabe December 9th-15th, lautet die Schlagzeile: "Good food? Why ethical shopping harms the world". Argumentiert wird mit klassisch liberalen Prinzipien, kurz gesagt: "Only free trade is fair trade".

Konkret werden drei Aspekte unserer derzeitigen Einkaufskultur kritisiert. Zum einen wäre da der Hang, "biologische" Produkte zu kaufen. Zum zweiten sollen die Produkte im Einkaufskorb am besten "zu fairen Bedingungen", also "fair trade", hergestellt sein. Schließlich wird auch Wert darauf gelegt, so "lokal wie möglich" einzukaufen, also am besten direkt vom Bauern am Rande der Stadt. Das klingt super und damit soll die Welt durch unser Kaufverhalten besser werden. Warum schreibt der "Economist" dann: "If you think you can save the planet by buying ethical food, think again"?

1. Probleme mit Bionahrung

Die Herstellung von "biologisch einwandfreier" Nahrung, also ohne Verwendung von Pestiziden usw. ist sehr "raumintensiv", dh es besteht schlicht nicht genug Platz, unsere gesamte Nahrung in dieser Weise herzustellen. Durch die Verwendung von Düngern etc. ist es möglich, das gleiche Stück Land ständig zu bewirtschaften. So ist es auch der "Green Revolution" aus den 1960er Jahren zu verdanken, dass zwar die Produktionsquote von Nahrung seit den 50ern verdreifacht wurde, dafür aber nur 10% mehr Landfläche vonnöten ist! Man kann auch sagen: wer bio-food kauft, unterstützt die Abholzung von Regenwald, weil irgendwo muss der Platz ja herkommen. Übrigens gibt es keine Studien darüber, dass Bioessen gesünder oder höherwertiger wäre, als konventionell hergestellte Nahrung, solange gewisse Regeln beachtet werden.

2. Probleme mit "Fair Trade"

Die Idee hinter "Fair Trade" ist folgende: Der Konsument ist bereit einen höheren Preis als den Marktpreis für ein Produkt zu bezahlen. Die Differenz kommt, theoretisch, direkt den Erzeugern zu Gute. Sie bekommen mehr Geld für die gleiche Arbeit, werden also "fairer" entlohnt. Der "Ungerechtigkeit der niedrigen Preise" soll so entgegengewirkt werden. Dahinter versteckt sich klassischer Protektionsimus, die Selbstregulierungsfunktion des Marktes wird ausgehebelt. Es ist einfach: Die Nachfrage bestimmt das Angebot und den Preis. Niedrige Preise sind Zeichen dafür, dass es schon zu viel von einem Produkt auf dem Markt gibt. Nehmen wir unsere Milchbauern und ihre "A Faire Milch", die es seit kurzem zu erstehen gibt. Würde man den Gesetzen des freien Marktes folgen, wären viele Milchbauern gezwungen, in andere, ertragreichere Bereiche als jener der Milchproduktion zu investieren. Durch die subventionierte Milch kommt dieses Signal nur ungenügend an, sie verharren in der Milchproduktion. Darüber hinaus werden andere Bauern animiert, noch mehr "Fair Trade" Milch zu produzieren, weil sich damit ja mehr Geld machen lässt, als eigentlich vorgesehen. Jene Bauern, die konventionell Milch erzeugen und die große Mehrheit darstellen, haben es dadurch noch schwerer. Sie verdienen weniger als zuvor, gleichzeitig wird der Vielfältigkeit ein Riegel vorgeschoben, da sich alle auf subventionierte Bereiche stürzen.
Dasselbe gilt für Kaffee: es ist nicht so einfach, als Produzent "Fair Trade" Status zu erlangen und so schauen zum Beispiel ausnahmslos alle Plantagenarbeiter durch die Finger. Kaffeeplantagen im großen Stil entsprechen nämlich nicht den Fair Trade Kriterien.

3. Probleme mit lokaler Produktion

Viele ehemalige Fair Trade Befürworter haben die Probleme erkannt und sagen: "Buying direct means producers get a fair price, with no middlemen adding big margins along the distribution chain." Außerdem muss die Nahrung nicht um die halbe Welt geliefert werden, man spart also an "food miles" (jener Weg, den ein Produkt von seiner Entstehung bis zum Endkonsumenten zurück legt). Das größte Problem liegt darin, festzustellen, wo denn ein Produkt am besten und umweltfreundlichsten hergestellt werden kann. Es ist klüger, Tomaten aus Spanien zu importieren als diese in einem britischen Gewächshaus über den Winter zu züchten. So verhält es sich mit vielen Produkten. Außerdem ist das Zuliefersystem der Supermärkte mittlerweile äußerst effizient. "Another surprising finding was that a shift towards a local food system, and away from a supermarket-based food system, with its central distribution depots, lean supply chains and big, full trucks, might actually increase the number of food-vehicle miles being travelled locally, because things would move around in a larger number of smaller, less efficiently packed vehicles."

Die Revolution durch Fair Trade - sie wird wohl nicht passieren.

10 comments:

Anonymous said...

hohoho, rudi, du willst wohl wieder eine grundsatz-diskussion vom zaun brechen, hm?
aber interessanter und gut zusammengefasster beitrag, der aber auch seine argumentativen schwächen hat (meiner meinung nach)... z.b. dass fair trade ja ein protektionismus ist und dadurch die marktpreise verfälscht: Ja, genau! Das ist auch das, was die Industriestaaten schon seit jahrzehnten machen! Ihre eigenen Produkte stützen und für gewisse Produkte aus dem Ausland hohe Zölle einheben, damit sich der Verkauf bzw. Handel damit nicht lohnt. Das tolle daran ist dass denau diese Staaten dann von den "Entwicklungsländern" den Abbau von Protektionismus verlangen... Naja, das aber nur als Beispiel.

Anonymous said...

so, das wichtigste hab ich natürlich vergessen: fair trade hat gar nicht den anspruch, eine revolution loszubrechen. im endeffekt ist es ein mechanismus der das derzeitige system stützt indem es verbesserungen einbringt. das ist es auch, was man noch am ehesten dem fair-trade-prinzip vorwerfen kann, meiner meinung nach. ;)

Anonymous said...

Hm ja. Nun, abgesehen von dem krass liberalen Touch, den der Artikel ausstrahlt, bin ich schon der Ansicht, dass das bisschen Bio und das bisschen Fair Trade da kaum was ausmachen wird. Nein, eine Fair Trade Revolution gibt es sicher nicht, denn ich vermute doch, dass die meisten Leute zu dem Zeug greifen, welches (durch Selbstregulierung des Marktes?) besonders günstig rumliegt. Beim Bio-Zeug verhält es sich ähnlich. Ich sehe das eigentlich als Modeerscheinung, dass Leute sowas kaufen, weil es angeblich besonders gesund ist, aber der Großteil läuft schnurstracks dran vorbei. Klassisches Beispiel ist ja der Hofer, wo's jetzt auch beim Obst eine eigene Bio-Ecke gibt, die aber immer viel voller ist, als die Nicht-Bio Ecke, d. h. das Zeug bleibt liegen, weil's zu teuer ist. Was Fair Trade betrifft, so bin ich grundsätzlich dafür, den Wert der Waren nicht an den Maßstäben der Industrieländer zu messen, sondern jenen Wert, wo auch die Arbeit mit einbezogen ist. (Mein Problem ist eher, dass mir das Zeug nicht schmeckt)
Naja, und die Milchbauern? Irgendwer muss ja noch Milch produzieren, reicht eh schon, wenn alles voll automatisiert geht, aber ein paar Muh-Kühe sollten in Österreich ja auch auf der Wiesn rumstehen, so von wegen Landschaftspflege. Und dank der Nano-Technologie wird die Milch, sobald sie sauer ist eh irgendwann mal rosa werden, also können wir unsere Zukunftssorgen in den Wind schießen.
Naja, wurscht, im Grunde wär's ein super diskussionsfähiger Artikel, aber ich bin dazu nicht wirklich im Stande, wenn ich soviel (neo)liberalen Quark lese. ;-)
Ich denk mir eben einfach, dass beides in Maßen, also so wie es jetzt ist, nirgendwo einen großen Einfluss haben wird, da die Leute auch weiterhin dazu tendieren, lieber billig anstatt bio zu kaufen bzw. lieber Marken- statt EZA-Kaffee. Vielleicht berechnet ja mal wer, wieviel Regenwald für die Produktion der Bio-Produkte wirklich draufgeht und ob sich das mit dem Rest aufwiegen lässt.

Anonymous said...

Im Grunde sollte sich das Konsumverhalten ändern. Lebensmittel sowie eigentlich alles sollten bewusst gekauft werden. Wenn Fair Trade Artikel gekauft werden, und sich dabei aber Im Kaufverhalten rein gar nichts ändert, hat das Ganze sowieso keinen Sinn. Genauso wie mit Biolebensmittel. Nur weil es gerade hip ist auf diese Wellness-Bio-FairTrade-Schiene aufzuspringen und dabei sichh die Komsumenten wohl fühlen, weil sie ja jetzt angeblich auch etwas gutes geleistet haben. Man sollte lieber sein eigenes Kaufverhalten ändern, als auf diese "Ich bin jetzt auch hip"-Schiene aufzuspringen.
Das Ganze ist einfach verlogen, meiner Meinung nach. Ohne Bewusstsein wird sich nachhaltig nichts ändern.

Anonymous said...

hm - wer hat denn die zwei obigen beiträge gepostet??
naja egal, waren wieder gute punkte dabei jedenfalls...
ein paar gedanken dazu - die verbilligten artikel im supermarkt sind ja auch wieder wider den regeln des markts subventioniert! der supermarkt denkt sich halt, hm, bieten wir ein paar sachen billiger an (also billiger als der "eigentliche" wert), dann kommen mehr leute und die kaufen sich auch anderes zeug und unterm strich zahlt sich das für uns aus.

"Was Fair Trade betrifft, so bin ich grundsätzlich dafür, den Wert der Waren nicht an den Maßstäben der Industrieländer zu messen, sondern jenen Wert, wo auch die Arbeit mit einbezogen ist."
--> bei dem satz weiss ich leider nicht was du mit dem wert wo die arbeit miteinbezogen ist meinst. und wie könnte das denn umgesetzt werden??

und ja, ohne einer "bewusstseinsänderung" (ui, das klingt ja ziemlich hippie-esk) wird sich nicht viel tun, und auch ich glaube dass das das wichtigste ist. aber für mich war z.b. das entdecken der ersten fair-trade-produkte der erste schritt dazu. ich hab das erste mal gesehn, dass es offensichtlich andere produkte gibt wo die leute keinen gerechten lohn für ihre arbeit bekommen. und somit hat fair trade zumindest bei mir auch diesen prozess in gang gesetzt.
die frage ist weiterhin wo das ganze aufhört. soll es für alle produkte eine fair-trade-version geben? kauft sich irgendwer fair-trade-handys? oder fair-trade-hämmer? übrigens bin ich keiner von denen, die alle nur möglichen fair-trade-sachen kaufen. ab und zu schon, manche lieber (weil sie besser schmecken) andere eher nicht... aber wie gesagt, ein bewusstsein hat das bei mir geschaffen. ;)

Anonymous said...

Hallo Stefan,
ich meinte damit eigentlich nur, dass wir auch für die Arbeit, die in diese Produkte gesteckt wird, den fairen Preis zahlen sollten.
Der Witz an der Sache ist ja: Das ist gar nicht viel, aber eben offenbar zu viel für unsere verwöhnte Gesellschaft, die alles schneller, besser und vor allem billiger haben will.

Anonymous said...

Netter Beitrag

Anonymous said...

Gruss von deinem D. :)

Anonymous said...

Alter Scheiß,
wie auch immer man so was schreiben kann, es sollte ja wohl den meisten Leuten klar sein, das man auch mit Dünger ein Feld nicht dauernd bewirtschaften kann, weil der Boden sonst nach ein paar Jahren "ausgeraubt" ist und genau das ist das Problem weswegen die Regenwälder abgeholzt werden?! Wenn ich also Bio anbaue wirke ich dem entgegen, da ich den Boden erhalten muss, dadurch das ich verschiedene Sachen anbaue.Und Faire Trade zeigt, dass es auch Leute gibt, die für eine Faire bezahlung der Erzeuger mehr Geld ausgeben, könnten ja alle so machen wenn sie wollten. Wenn ihr wirklich was machen wollt, dann esst kein Fleisch, das ist ja mal einer der Größten Killer des Klimas und des Welthungers und teuer ist es auch noch.

In diesem Sinne denkt mal drüber nach auch noch ne andere Website zu besuchen oder bleibt bei eurer Einseitigen Meinung netter Artikel zur Anregung von gegenargumenten aber sonst auch nichts

Anonymous said...

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